Thomas' Leben mit Prothese


Ninja Warrior – eine TV-Show, in der 100 KandidatInnen versuchen, vier herausfordernde Hindernisparcours zu überwinden, begeistert Millionen Zuschauende. Hier stellen die KandidatInnen Kraft und Ausdauer sowie die richtige mentale Einstellung unter Beweis. Genau das Richtige für Thomas Wedig. Der sportverrückte 59-Jährige nahm an der fünften Staffel 2020 teil. Er setzte sich gegen 5.000 andere Bewerber im Casting durch und schaffte es bis zur Show, was bereits all seine Hoffnungen erfüllte. Mit eiserner Disziplin und einem Willen so unzerbrechlich wie Kruppstahl bereitete Thomas sich auf die Herausforderung vor. Er gewann zwar nicht, wurde aber vermutlich für viele zum Vorbild und der Ninja Warrior der Herzen.

Seit 2014 ist Thomas nach einem erblich bedingten Aneurysma (ausgesackte Arterie) amputiert, sprang damals selbst dem Tod von der Schippe. Das hat seinen Blickwinkel enorm verändert, sein Leben und die Liebe zum Sport allerdings nur bedingt.

“Seit meiner Amputation überlege ich mir genau, für was ich meine Zeit verwende. Dinge, zu denen ich keine Lust habe, oder die man aufgrund einer Erwartungshaltung von anderen oder der Gesellschaft machen sollte – nein, dafür verschwende ich keine Zeit mehr.”

Thomas

„Das Leben kann viel zu schnell zu Ende sein, wenn man Pech hat. Diese Gratwanderung zwischen Leben und Tod habe ich ja persönlich erlebt.“

Der Niedersachse hat schon immer auf sich und seine Gesundheit geachtet. Sport steht seit Jahren auf dem täglichen Programm. Und dann war da auf einmal ein Aneurysma – eine überraschende und kaum zu glaubende Diagnose, mit der keiner bei dem Sportler gerechnet hätte. „Man hätte das wohl drei Jahre vorher schon per Ultraschall erkennen können, aber wenn man kerngesund und topfit ist, kommt natürlich keiner auf die Idee, mal einen Ultraschall der oberen Wade vorzunehmen. Warum auch? Zumal ich überhaupt nichts dort gemerkt habe.“ Erst nach seinem 23. Marathon stellt Thomas fest, dass seine Wade sich nach der enormen Strapaze nicht so schnell zu erholen scheint. „Aber auch das konnte ich dann behandeln und auch wieder beheben. Als ausgebildeter Physiotherapeut hat man ja schließlich Ahnung davon.“ Vier Wochen später werden sein Fuß und die angrenzende Wade nachts plötzlich kalt und weiß. Er lässt sich ins Krankenhaus fahren und dort bricht Hektik aus. Eine Amputation ist sofort notwendig und nicht mehr aufschiebbar. „Einen Tag lang nach der OP war ich in tiefer Trauer. Ich wollte keinen sehen und habe mir die Bettdecke über den Kopf gezogen. Dann habe ich mir aber gedacht, dass ich die Situation nicht mehr ändern kann, sondern muss halt einen Weg finden, daraus das Beste zu machen.“ Was folgte, war ein gut ausgearbeiteter Stufenplan. „Ich wollte wieder fit werden, um schnell aus dem Krankenhaus rauszukommen. Danach wollte ich die Reha absolvieren, um möglichst bald wieder Sport treiben zu können. Und ich wollte diese Sportprothese! Während meines Aufenthaltes im Krankenhaus hatte mir ein Freund das Buch ‚Sprint zurück ins Leben‘ von David Behre mitgebracht. Das gab mir einen guten Ausblick, was alles möglich sein würde. Danach steckte ich meine Ziele. Noch im Krankenhaus begann ich, an meiner Ausdauer und Kraft zu arbeiten. Klimmzüge an einem Gestell, das am Bett angebracht war, und ich war viel unterwegs auf den Gängen und im Treppenhaus der Klinik – das war mein vorläufiges Trainingsprogramm. Die Schwestern machten sich Sorgen, dass ich mich überlasten würde, aber der Arzt fand es gut. Ein halbes Jahr später war ich wieder zurück in meinem Job!“, erzählt der ehrgeizige Mann schmunzelnd.

Um optimal auf die Ninja-Warrior-Show vorbereitet zu sein, beginnt Thomas, vielfältig zu trainieren. „Ich bin sogar in den Wald gefahren und mit Prothese die Bäume hochgeklettert. Man darf nicht nur eine Sportart ausüben, das macht dich sonst kaputt. Ich trainiere jeden Tag, da muss man in verschiedene Richtungen gehen: Boxen, Schwimmen, Radfahren, Klettern – und natürlich Laufen. Dazu braucht man aber auch die richtige Versorgung! Es gibt so geile Technik heutzutage!"

“Und meiner Meinung nach produziert Össur einfach das Beste, was es zurzeit für Sportler am Markt gibt. Mit denen kann man sich auch identifizieren! Alle Mitarbeiter, mit denen ich zu tun hatte, waren total nett. Es ist wie eine große Familie – und ich bin stolz darauf, ein Teil davon sein zu dürfen!”

Seit einiger Zeit nutzt Thomas sein Talent, Leute auch mit seinen Worten beeindrucken und mitreißen zu können – und hält Vorträge. Auch die Medienpräsenz nutzt er, um anderen Amputierten Mut zuzusprechen. „Wenn ein Einziger nach meinem Vortrag oder Interview zu Hause von seinem Sofa aufsteht und das erste Mal seit Langem wieder selbstständig zu Lidl einkaufen geht – dann bin ich glücklich und habe erreicht, was ich mir vorgenommen habe!“

Seine Frau hat mit Sport übrigens überhaupt nichts am Hut. Selbst nach 25 Jahren Ehe lässt die Sportleidenschaft ihres Mannes die Sängerin vollkommen kalt. „Das ist mir nicht wichtig“, lacht Thomas. „Wir haben schon so viel zusammen erlebt und durchgemacht. Da braucht sie nicht mit mir Marathon laufen gehen, damit wir glücklich zusammenleben können!“

Was Thomas verwendet

Als Alltagsprothese trägt Thomas den Pro-Flex XC, zum Schwimmen & Klettern den Cheetah Xceed und für sein Laufprogramm trägt der sportbegeisterte Niedersachse den Flex Run.