Leben im Alter mit Prothese
Ein Abschied oder Neubeginn?
Der Ruhestand muss keinen Abschied bedeuten. Er kann auch der Beginn eines neuen Lebensabschnitts sein. Einer Phase, die Freiheit schenkt und Raum bietet – für alles, was im hektischen Alltag zuvor oft zu kurz kam.
Endlich ist Zeit da, um dem nachzugehen, was das Herz erfüllt: ein langer Spaziergang am Morgen, ein gutes Buch am Nachmittag oder das Pflegen von Hobbys, die lange ruhen mussten.
Neue Gelassenheit im Rentenalter
Viele Menschen entdecken in dieser Phase des Lebens eine neue Gelassenheit. Der Termindruck fällt weg, der Kalender füllt sich nicht mehr mit Pflichtterminen, sondern nur noch mit denen, die man wirklich wahrnehmen will. Familie und Freunde:innen rücken vielleicht wieder stärker in den Mittelpunkt.
Ingrid findet neue Lebensqualität mit Prothese
Diese neue Gelassenheit hat auch Ingrid erfahren. Seit 2019 ist sie Rentnerin – nach einem aufregenden und auch anstrengenden Arbeitsleben. Zuletzt arbeitete Ingrid beim Film als Script-Supervisorin. Das bedeutete lange Tage und oft auch kurze Nächte.
Zwei Jahre nach dem Renteneintritt machte sich dann ein ungebetener Gast breit: Eine Sepsis führte zur Unterschenkelamputation. Die Entscheidung für die Amputation war für die Rheinland-Pfälzerin eine Entscheidung gegen den Tod und für das Leben.
„Man genießt jetzt ganz anders! Ich fühle mich seitdem auch nicht mehr so rastlos wie vorher. Ich lebe nun sehr bewusst – ob es die Momente oder auch die Begegnungen sind.“
Lebensabend mit Prothese
Ist das Leben mit Prothese ein anderes? „Sie beeinträchtigt mich nicht. Ich mache eigentlich alles, was ich sonst vermutlich auch getan hätte. Na ja, fast. Aber wenn es doch Dinge gibt, die nun unerreichbar erscheinen, macht es mich nicht traurig.“ Eigentlich, so sagt sie, sei sie jetzt erst richtig im Rentendasein angekommen. Es habe gedauert, gerade weil die Amputation dazwischenkam. „Ich habe genauso wenig Zeit wie andere Rentner:innen auch!“, lacht Ingrid.
Die 71-Jährige ist viel unterwegs. Sie engagiert sich politisch, treibt regelmäßig Sport und genießt das Leben. Auch ihre kreative Ader will ausgelebt werden: in Bildern, Skulpturen oder auch Fotos von besonderen Situationen.
Als Össur-Weggefährtin aktiv und engagiert
Ingrid ist mittlerweile auch Össur-Weggefährtin und steht gern für den Austausch über das Leben mit Prothese bereit.
Vielleicht hat sie durch die Vergangenheit auch einen anderen Blick auf das Leben – und auf die Zeit, die noch bleibt: „Andere haben schon ihr Grab gekauft. Ich befasse mich lieber mit der Suche nach einer altersgerechten Wohnung. Und mit der Beantragung meiner Reha. Und dann ist da noch der Termin in zwei Tagen mit zwei Patientinnen einer Klinik. Die besuche ich im Rahmen des Weggefährt:innen-Projektes.“
Ruhestand muss also nicht Ruhepause bedeuten. Das Leben hört nicht auf, bunt zu sein – es bekommt nur neue Farben. Vielleicht sind diese heute sogar leuchtender als je zuvor.